
Datenschutz bei Low-Code Tools
Datenschutz bei Low-Code-Lösungen: Chancen, Risiken und Handlungsfelder für deutsche Unternehmen
Low-Code-Plattformen und KI-gestützte Tools bieten deutschen Unternehmen enorme Möglichkeiten zur Effizienzsteigerung, Automatisierung und Innovation. Gleichzeitig wirft ihre Nutzung komplexe Fragen im Bereich Datenschutz und IT-Compliance auf. Besonders in regulierten Branchen wie Gesundheitswesen, Finanzsektor oder öffentlicher Verwaltung sind klare datenschutzkonforme Strategien unerlässlich. Dieser Artikel beleuchtet umfassend, worauf Unternehmen bei der Nutzung solcher Tools achten sollten, insbesondere im Hinblick auf die DSGVO, internationale Anbieter, KI-Integration und cloudbasierte Dienste.
Grundlagen: Was sind Low-Code-Plattformen und wie greifen sie auf Daten zu?
Low-Code-Plattformen ermöglichen es, mit geringem oder ganz ohne Programmieraufwand Anwendungen und Workflows zu erstellen. Nutzer können per Drag-and-Drop oder Konfiguration komplexe Prozesse modellieren. Diese Plattformen binden typischerweise externe Schnittstellen, Datenbanken, APIs und KI-Modelle ein. Die resultierenden Workflows laufen häufig cloudbasiert ab und greifen auf sensible Unternehmensdaten zu. Besonders kritisch ist der Datenfluss bei Integrationen mit Drittanbietern oder der Nutzung von sogenannten 'connectors', bei denen Daten auch in Rechenzentren außerhalb Deutschlands oder der EU verarbeitet werden.
Datenschutzrechtliche Herausforderungen: DSGVO, Datenübermittlung und Verantwortlichkeit
- Verarbeitung personenbezogener Daten: Jede Verarbeitung personenbezogener Daten durch ein Low-Code-Tool ist nur zulässig, wenn eine klare Rechtsgrundlage gemäß Art. 6 DSGVO besteht. Unternehmen müssen prüfen, ob etwa eine Einwilligung, ein berechtigtes Interesse oder ein Vertrag vorliegt.
- Auftragsverarbeitung: Wird ein Anbieter im Auftrag tätig, ist zwingend ein Vertrag zur Auftragsverarbeitung (AVV) nach Art. 28 DSGVO zu schließen. Dabei ist zu klären, welche Daten wie und wo verarbeitet werden.
- Internationale Datenübermittlung: Die Nutzung von US-Anbietern wie Zapier, Make oder Microsoft Power Automate unterliegt besonderen Bedingungen. Nach dem Wegfall des Privacy Shield sind Standardvertragsklauseln (SCC) notwendig – ergänzt durch ein Transfer Impact Assessment (TIA), das die rechtlichen Risiken im Drittland bewertet
- Verantwortlichkeit: Das nutzende Unternehmen bleibt auch bei externer Toolnutzung für die Datenverarbeitung verantwortlich. Eine Delegation der Verantwortung an den Toolanbieter ist nicht möglich.
- Datenspeicherorte und Verschlüsselung: Unternehmen müssen sicherstellen, dass sensible Daten nicht unverschlüsselt in Drittländer übertragen werden. Die Verschlüsselung sollte sowohl bei der Übertragung (TLS) als auch im Ruhezustand (AES-256) erfolgen.
Spezifische Risiken bei KI-basierten Funktionen
Mit der zunehmenden Integration von KI-Tools in Low-Code-Plattformen ergeben sich zusätzliche Herausforderungen. Viele Systeme binden LLMs (z. B. GPT-4) zur Textgenerierung oder -analyse ein. Diese Integration bietet zwar funktionale Vorteile, wirft jedoch folgende Probleme auf:
- Black Box-Effekte: KI-Modelle sind oft intransparent. Das erschwert die Rechenschaftspflicht gemäß Art. 5 Abs. 2 DSGVO (Accountability).
- Zweckbindung und Datenminimierung: KI-Modelle benötigen große Datenmengen. Unternehmen müssen sicherstellen, dass nur relevante und erforderliche Daten verwendet werden – insbesondere bei personenbezogenen Informationen.
- Modelltraining mit Nutzerdaten: Einige Anbieter nutzen eingegebene Daten zur Verbesserung ihrer Modelle. Dies ist ohne ausdrückliche, informierte Einwilligung rechtswidrig.
- Profilbildung und automatisierte Entscheidungen: Werden personenbezogene Daten zur Profilbildung oder für Entscheidungen verwendet, greifen spezielle Vorgaben aus Art. 22 DSGVO.
Anbieterauswahl und Praxisbeispiele
Einige der bekanntesten Low-Code-Plattformen sind Zapier, Make (Integromat), n8n, ActivePieces oder Microsoft Power Platform. Während Make und Zapier primär US-basiert sind, bietet n8n eine Open-Source-Alternative mit EU-Hosting. Microsoft Power Platform kann in Microsofts EU Data Boundary betrieben werden, bietet jedoch teils komplexe AV-Vertragswerke.
- Zapier: US-Unternehmen mit Servern außerhalb der EU. Für DSGVO-Konformität notwendig: SCC + TIA + ggf. zusätzliche Sicherheitsmaßnahmen.
- Make: Bietet EU-Server-Option, aber Firmensitz in den USA. Datenschutzprüfung notwendig.
- n8n: Open Source, Self-Hosting möglich. Ideal für Unternehmen mit strengen Compliance-Anforderungen.
- Power Platform: Enge Integration in Microsoft-Ökosystem. AVV über Microsoft-Datenschutzvertrag. EU Boundary kann genutzt werden.
Handlungsempfehlungen für Unternehmen in Deutschland
- Datenschutz-Folgenabschätzung (DSFA): Bei innovativen oder risikobehafteten Tools (z. B. mit KI oder bei Drittlandübermittlung) ist eine DSFA gemäß Art. 35 DSGVO erforderlich.
- Vertragliche Absicherung: Schließen Sie mit jedem Dienstleister einen AVV. Prüfen Sie Vertragsklauseln zu Löschung, Supportzugriff und Subunternehmern.
- Tool-Whitelisting: Erstellen Sie eine interne Liste genehmigter Tools, die datenschutzrechtlich geprüft sind.
- Sensibilisierung und Schulung: Mitarbeitende müssen verstehen, welche Daten verarbeitet werden dürfen und welche Risiken bestehen.
- Technische und organisatorische Maßnahmen (TOMs): Implementieren Sie Firewalls, Verschlüsselung, Rechtekonzepte, Pseudonymisierung und Audit-Logging.
Zukunftsausblick: Regulatorik und technologische Entwicklung
Mit dem AI Act der EU sowie zunehmenden Anforderungen an digitale Souveränität wird sich der regulatorische Rahmen für Low-Code- und KI-Tools weiter verschärfen. Unternehmen sind gut beraten, ihre digitale Strategie jetzt entsprechend auszurichten. Besonders gefragt sind hybride Modelle (z. B. Self-Hosting), bei denen zentrale Verarbeitung im eigenen Haus erfolgt und nur unkritische Daten in die Cloud gelangen.
Fazit
Low-Code- und KI-Lösungen revolutionieren die digitale Prozessgestaltung, bringen aber erhebliche datenschutzrechtliche Verantwortung mit sich. Deutsche Unternehmen müssen bei der Auswahl, Einführung und Nutzung dieser Systeme höchste Sorgfalt walten lassen. Nur wer rechtzeitig in Governance, Datenschutz und IT-Sicherheit investiert, kann von den technologischen Vorteilen profitieren, ohne regulatorische Risiken einzugehen.
Gerade bei der Auswahl einer Agentur ist es unerlässlich, diese Punkte ebenfalls abzuklopfen und sicherzustellen, dass die entsprechende Expertise vorhanden ist. Zu schnell sind Lösungen gebaut, deren Implementierung möglicherweise rechtlich und in Bezug auf Datenschutz auf wackeligen Beinen steht - oder gar schlimmer. Ebenfalls wichtig: Im Rahmen der Implementierung und Einführung neuer Low-Code-Tools muss geprüft werden, ob die Datenschutzbestimmungen angepasst werden müssen. Das ist übrigens meistens der Fall.